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Autos, Motorräder, Fahrräder, Fußgänger — wo ist die Ordnung im Straßenverkehr? Manchmal verwirren Schilder, manchmal werden sie ignoriert und oft fehlt einfach die Kenntnis, weil die Fahrprüfung schon so lange her ist oder nie eine gemacht wurde.
StVU.info will helfen, diese Straßenverkehrsunordnung zu lindern. In kurzen Artikeln finden Sie auf dieser Seite Erklärungen, aber auch Meinungen und Tipps, wie sich der Stress auf der Straße, dem Radweg oder dem Fußweg vermindern lässt.
Diese Folge befasst sich mit dem Konfliktherd „E-Scooter“. Weitere Folgen finden Sie im Inhaltsverzeichnis.
Für die einen ist es der ultimative Beitrag zu umweltfreundlicher Nahmobilität, für die anderen die Vermüllung der Gehwege mit Stolperfallen. Aus Sicht der Straßenverkehrsunordnung brachte uns die Elektrokleinstfahrzeugeverordnung (eKFV) etwas Neues: Kraftfahrzeuge, für die keinerlei Fahrerlaubnis notwendig ist – die E-Scooter.
Was nach einem niedlichen Tretroller aussieht, ist den Verkehrsregeln zufolge ein Kraftfahrzeug, denn es fährt mit einem Motor, ohne dass der Fahrer außer einem Daumendruck etwas dazutun muss. Deshalb steht in der eKFV schon im ersten Satz: „Elektrokleinstfahrzeuge sind Kraftfahrzeuge“.
Sie fallen also in die gleiche Kategorie wie Motorräder, PKW und LKW und stehen so im Gegensatz zu Fahrrädern, welche ohne Kraftaufwand des Fahrers nicht funktionieren. Für E-Scooter gelten deshalb, von unten beschriebenen Ausnahmen abgesehen, dieselben Verkehrsregeln wie für Autos, z.B. Schrittgeschwindigkeit in verkehrsberuhigten Bereichen und eine Alkoholgrenze von 0,5 Promille (bis 21 Jahre: 0,0 Promille).
Üblicherweise gelten für alle Kraftfahrzeuge rechtlich dieselben Regeln: Man braucht eine Haftpflichtversicherung, bei einem Unfall haftet man schon allein aufgrund des maschinellen Antriebs (Betriebsgefahr), und man braucht einen Führerschein.
Da E-Scooter nicht schneller als 20 km/h fahren dürfen, gilt für sie bei der Betriebsgefahr die Ausnahme aus §8 des Straßenverkehrsgesetzes. Außerdem wurde aus einem nicht einsichtigen Grund in der eKFV festgelegt, dass Fahrer von E-Scootern keine Fahrprüfung abgelegt haben müssen und keinen Führerschein irgendeiner Klasse brauchen.
TIPP: Auch wenn für das Fahren auf einem E-Scooter kein Führerschein gebraucht wird, ist es sehr sinnvoll, trotzdem die Verkehrsregeln zu kennen. Die Bußgelder und Strafen für Verstöße gegen die Regeln der Straßenverkehrsordnung gelten nämlich auch dann, wenn man keinen Führerschein hat.
Während bei Betriebsgefahr und Fahrerlaubnis Sonderregeln gelten, ist eine Haftpflichtversicherung auch für E-Scooter vorgeschrieben. Sie ist durch ein Versicherungskennzeichen nachzuweisen. Jeder E-Scooter hat deshalb ein Nummernschild. Versicherungskennzeichen gelten jeweils ein Jahr und haben jedes Jahr eine andere Farbe.
E-Scooter müssen eine Lenkstange und dürfen keinen Sitz haben. Zu den Elektrokleinstfahrzeugen zählen sonst nur noch Segways, also selbstbalancierende Fahrzeuge mit Haltestange.
Alle ähnlichen Fahrzeuge, wie z.B. schnelle elektrisch angetriebene Skateboards oder Hoverboards, sind keine Elektrokleinstfahrzeuge nach der eKFV. Diese dürfen auf deutschen Straßen nicht benutzt werden, und man bekommt auch kein Versicherungskennzeichen dafür. Das Fahren ohne Haftpflichtversicherung außerhalb privater Flächen ist auf solchen Geräten genau wie mit einem Auto ein Verstoß gegen das Pflichtversicherungsgesetz und damit eine Straftat (§6 PflVG). Das kann eine Geldstrafe kosten, zu einer Gefängnisstrafe führen oder zu einem Einzug des benutzen Fahrzeugs.
TIPP: Wer nachts mit einem E-Scooter unterwegs ist, sollte wie bei einem Fahrrad auf helle, reflektierende Kleidung achten. Insbesondere von der Seite gesehen, also für einbiegende Autos, sind E-Scooter nachts schlecht zu erkennen. Um bei Unfällen mit anderen Kraftfahrzeugen den eigenen Kopf zu schützen, ist auch ein Helm sinnvoll, selbst wenn er nicht vorgeschrieben ist.
E-Scooter mit Sitz sind Kleinkrafträder. Für sie gelten daher die entsprechenden Regeln für Motorräder wie Führerschein- und Helmpflicht. Die genauen Vorschriften ergeben sich aus der bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit.
Für den Versicherungsschutz muss der Halter (Besitzer) des E-Scooters sorgen. Fahren darf hingegen fast jeder. Ein Führerschein ist wie gesagt keine Voraussetzung. Die eKFV verlangt lediglich, dass der Fahrer mindestens 14 Jahre alt ist. Kinder dürfen E-Scooter nicht fahren, außer es handelt sich um Spielzeuge, die nicht schneller als 6 km/h fahren können.
Sehr viele E-Scooter werden nicht von ihren Besitzern gefahren, sondern werden von kommerziellen Verleihern angeboten. Hier ist zu beachten, dass jeder Verleiher eigene Regeln festsetzt, an wen er seine E-Scooter vermietet. In der Regel wird verlangt, dass die Mieter geschäftsfähig und mindestens 18 Jahre alt sind und dass niemand außer dem Mieter damit fahren darf.
Im Übrigen gelten für E-Scooter dieselben Regeln wie für Autofahrer, insbesondere im Bereich der Fahrtüchtigkeit. Fahrten unter Drogen- oder Alkoholeinfluss haben deshalb die gleichen Folgen wie für einen Autofahrer, Führerscheinentzug inklusive. Innerhalb der Führerscheinprobezeit sowie generell bis zum 21. Geburtstag gilt für Fahrten mit allen Kraftfahrzeugen, also auch mit einem E-Scooter, absolutes Alkoholverbot.
TIPP: Für alle, die noch nicht 21 Jahre alt sind, hat es erhebliche Konsequenzen, mit Alkohol am Steuer eines E-Scooters erwischt zu werden. Unter anderem wird die Führerscheinprobezeit um zwei Jahre verlängert, es muss ein Aufbauseminar besucht werden, und es kostet ein Bußgeld von mindestens 250€. Die Promillegrenze liegt bei 0,00!
Anders als bei den meisten Motorrädern darf auf einem E-Scooter kein Beifahrer mitgenommen werden, weder hinter dem Fahrer stehend, noch davor. Sowohl diese „Personenbeförderung“ als auch das Fahren mit Anhänger ist verboten.
Laut Straßenverkehrsordnung müssen Fahrzeuge, insbesondere Kraftfahrzeuge, die Fahrbahn benutzen. Gehwege sind für sämtliche Fahrzeuge, also auch für E-Scooter, tabu. Ein Verstoß gegen diese Regel kostet bei Kraftfahrzeugen normalerweise 55€, bei E-Scootern ausnahmsweise nur 30€.
Neben dem Verbot, Gehwege zu benutzen, hat der Gesetzgeber in die eKFV eine Radwegbenutzungspflicht hineingeschrieben. E-Scooter müssen Radwege benutzen, wenn diese vorhanden sind. Dies gilt sowohl für solche Radwege, die mit einem blauen Schild versehen und auch für Radfahrer benutzungspflichtig sind, als auch für baulich angelegte, so genannte „andere“ Radwege, die Radfahrer benutzen dürfen, aber nicht müssen.
Anders als Radfahrer haben E-Scooter-Fahrer an solchen Stellen keine Wahl – Sie müssen den Radweg benutzen! Umgekehrtes gilt bei für Radfahrern freigegebenen Gehwegen („Radfahrer frei“). Diese sind nur für Radfahrer freigegeben, nicht für Kraftfahrzeuge, also auch nicht für E-Scooter.
Für E-Scooter gelten also besondere Verkehrsregeln. Insbesondere gelten die Radfahrer-Regeln für E-Scooter nicht. Eine für Radfahrer freigegebene Fußgängerzone ist nur dann auch für E-Scooter freigegeben, wenn ein Zusatzzeichen mit dem E-Scooter-Symbol angebracht ist.
Alle Verkehrsschilder, auf denen Fahrräder abgebildet sind, gelten nur für Radfahrer, nicht jedoch für die Fahrer von E-Scootern. Lediglich bei Einbahnstraßen gilt die Freigabe für Radfahrer in Gegenrichtung („Radfahrer frei“) auch für E-Scooter. Nicht logisch, aber Straßenverkehrsordnung.
Private E-Scooter parken zuhause normalerweise in der Garage oder im Keller. Schließlich müssen sie geladen werden. Unterwegs werden sie meist an Fahrradständern angeschlossen oder ebenfalls mit ins Gebäude genommen. Wobei ich die Dame etwas merkwürdig fand, die mit ihrem E-Scooter bis an die Regale im Drogeriemarkt fuhr.
Für die Massen an Mietrollern hat es sich hingegen eingebürgert, dass diese sowohl von den Mietern als auch von den Verleihern „irgendwo“ geparkt werden, bevorzugt auf Gehwegen. Dort werden sie für Fußgänger zu störenden Hindernissen, für Sehbehinderte sogar zu einer Gefahr. Gehwege versperrende, gern auch noch umgefallene E-Scooter zwingen Fußgänger zu Ausweichmanövern auf Radwege oder auf die Fahrbahn und provozieren Stürze.
E-Scooter sind Kraftfahrzeuge, und Kraftfahrzeuge parkt man entweder auf privaten Stellflächen oder am Fahrbahnrand. Laut Straßenverkehrsordnung müssen E-Scooter deshalb am Rand, aber auf der Fahrbahn geparkt werden (nachts gegebenenfalls mit Beleuchtung), oder sie parken außerhalb des Straßenraums, also auch außerhalb von Rad- oder Gehwegen.
Allerdings irritiert in der eKFV ein Hinweis zum Parken: „Für das Abstellen von Elektrokleinstfahrzeugen gelten die für Fahrräder geltenden Parkvorschriften entsprechend.“ Parkvorschriften für Fahrräder? Es gibt weder in der StVO noch in anderen Regelwerken Parkvorschriften für Fahrräder. Weil es keine Regeln gibt, haben Gerichte entschieden, dass Fahrräder am Rand von Gehwegen geparkt werden dürfen, solange sie den Fußverkehr nicht behindern. Diese uneindeutige Rechtslage interpretieren Rollerverleiher dahingehend, dass man auch E-Scooter auf Gehwegen abstellen darf – die Einschränkungen „am Gehwegrand“ und „nicht behindernd“ gern übersehend. Da dies teilweise zu unhaltbaren Zuständen geführt hat, versuchen Städte und Gemeinden, Vermieter über zwingend zu beantragende Sondernutzungen zu ordentlicherem Parkverhalten zu bringen.
TIPP: Falsches Parken oder jeder andere Verstoß gegen die Verkehrsregeln kostet Verwarnungs- oder Bußgelder. Die Vermieter von Leihrollern haben in ihren Verträgen stehen, dass sie die Daten des entsprechenden Kunden an die jeweilige Behörde geben. Manche Verleiher bezahlen solche Strafen auch direkt im Namen des Kunden und ziehen den Betrag samt einer Verwaltungsgebühr direkt vom Mieterkonto ein.
D. Rudolph – 17. 10. 2022
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